ZDF 37 Grad | 30 min, 2011

Justus liebt Erika, und sie liebt ihn. Und doch gibt es einige Tage im Monat, die sie mit ihren Geliebten verbringen. Die beiden 67jährigen bezeichnen sich als polyamor, was so viel bedeutet wie „mehrere lieben“. Auch Silvio und Mara treffen regelmäßig ihre festen Geliebten. Die Dates mit anderen werden sorgfältig gemeinsam geplant, damit neben Job und Familienleben mit Tochter Anna noch Zeit dafür bleibt. Demnächst wollen sie heiraten – und mit Freunden und Geliebten ihre Hochzeit feiern. Doch der Preis der Abwechslung sind nicht selten verletzte Gefühle. Auch Mara ist eifersüchtig, wenn Silvio zu einer Geliebten geht. Der Film beschreibt die Vielfalt und Ambivalenz eines außergewöhnlichen Beziehungskonzeptes.

Stab

Buch und Regie: Jana Matthes & Andrea Schramm
Kamera: Steffen Schencker
Ton: Frank Bubenzer
Schnitt: Andrea Niessen
Redaktion: Silvia Schmidt-Kahlert

Rezensionen

Ein paarmal im Monat trifft sich Silvio mit einer seiner Geliebten. Wann passt es auch für seine Frau Mara? Wer kümmert sich in der Zeit um das gemeinsame Töchterchen? Die Termine werden genau abgesprochen und in den Familienkalender eingetragen – wo auch Maras Dates vermerkt sind. Silvio und Mara leben polyamor, führen mehrere Beziehungen gleichzeitig. „Sie gehen nach dem Motto: Geteiltes Glück ist doppeltes Glück.“, erklärt Jana Matthes. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Schramm besuchte sie Paare, die eben nicht nur Paare sind. Polyamorie, das sei gleich vorweggestellt, hat fast nichts mit dem Swingen zu tun. Hier geht es nämlich nicht nur um den Sex, sondern vor allem um Liebe und Partnerschaft. Die Dates, die Silvio und Mara mit anderen erleben, sind deshalb auch nicht zwingend von Erotik bestimmt. Eifersucht ist trotzdem ein Thema – oder gerade deshalb. „Silvio lebt so, seit er ein Teenager war“, sagt Matthes. „Dann kam Mara als Geliebte dazu.“ Die junge Frau musste sich erst einmal an die neue Lebensweise gewöhnen: an den Gedanken, nicht die Einzige zu sein, genauso wie an die Sicherheit, dass Silvio nach seinen Ausflügen immer wieder zu ihr zurückkehren würde. Leicht ist das nicht. „Grundsätzlich möchte sie ihm seine Freiheit lassen, aber wenn’s konkret wird, ändert sich das“, hat die Filmemacherin beobachtet. So etwas würden auch Justus und Erika gerne erleben. Die 67-jährige Erika lebte früher klassisch monogam, war sogar verheiratet. Als jedoch ihr Mann starb, lernte sie Justus kennen. Der war ebenso verheiratet – doch er und seine Frau nahmen Erika in ihre Beziehung auf. Als Justus´s Frau an Krebs erkrankte, pflegten die beiden sie bis zu ihrem Tod. Seitdem haben sie einen gemeinsamen Traum: Sie wollen eine polyamore Alters-WG gründen. Während Polyamorie noch vor zehn Jahren kaum jemandem ein Begriff war, rückt das Konzept ganz langsam ins Blickfeld der Öffentlichkeit. „Allmählich entwickelt sich eine Szene in Deutschland“, erklärt Filmemacherin Matthes. Justus und Erika können ihren Traum also vielleicht schon bald wahr machen.

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